Drüggelter Kapelle
Etwa 500 Meter entfernt vom Nordufer steht auf einer kleinen Anhöhe, versteckt zwischen Hof- und Wirtschaftsgebäuden des Gutshofs Schulte-Drüggelte, die Drüggelter Kapelle. Bis heute war es Historikern nicht möglich, dem unscheinbaren Bauwerk seine Geschichte zu entlocken. Relativ einig ist man sich bisher nur, dass das 1227 erstmals urkundlich erwähnte Gebäude irgendwann im 12. Jahrhundert errichtet wurde. Wann genau, von wem und zu welchem Zweck ist nach wie vor ein Rätsel.
Genau dieses Wissen über das Unwissen verleiht der Drüggelter Kapelle eine mythische Atmosphäre. Carl Friedrich Schinkel, der berühmte preußische Baumeister, nannte sie bei seiner Begutachtung 1824 „das älteste Bauwerk des Landes in Baptisterienform“ sowie „eines der merkwürdigsten Werke aus der Urzeit deutscher Kulturanfänge“.
Rätseln über den Ursprung
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war unter Wissenschaftlern die Annahme weit verbreitet, bei der Drüggelter Kapelle handle es sich um ein Baptisterium, also eine christliche Taufkapelle. So war man damals überzeugt davon, dass in der Mitte des Zentralbaus einmal ein Taufbecken gestanden haben muss.
Mitte des 19. Jahrhunderts deuteten erste Fachleute das Gebäude als Heilig-Grab-Kapelle. Heimkehrende Kreuzritter sollen sie nach ihrer Rückkehr aus dem Heiligen Land für all jene erbaut haben, die selbst keine Wallfahrt dorthin unternehmen konnten. Als Vorbild diente die Jerusalemer Grabeskirche, manche sagen auch der Felsendom. Das erscheint als plausibel, weil in der Region auch andernorts sogenannte Jerusalemkirchen gebaut wurden. Eine Wallfahrt nach Jerusalem galt im Mittelalter als übliche Bußauflage zur Sühne für einen Mord. Der Bau der Heilig-Grab-Kapelle in Drüggelte, die dem Heiligen Kreuz geweiht ist, könnte daher aus Buße erfolgt sein.
Bis heute hält sich auch die Vermutung, dass die Kapelle ursprünglich ein heidnisches Bauwerk gewesen sei, das erst später geweiht wurde. Vor allem zur Zeit des Nationalsozialismus wurde diese Theorie besonders betont. Auch darüber, ob es sich um einen römischen Kalendertempel bzw. ein vorchristliches Observatorium handle, bei dem ein Strahlenbündel der aufgehenden Sonnen nur am Johannistag (21. Juni) durch eine kleine Lichtöffnung das Kapelleninnere erhelle, wurde viel spekuliert. Die vereinzelt vorgetragene Erklärung, die Kapelle diente den Katharern als Versammlungsstätte, fand kaum Anhänger.
Ungeachtet seines Ursprungs ist der romanische Sakralbau auch architektonisch ein spannendes Kulturdenkmal. Die Symmetrie des weißen Zentralbaus wird durch zwei sichtbare Anbauten für die Vorhalle und den Chorraum durchbrochen. Das Dach ist schiefergedeckt und wird von einem kleinen Glockentürmchen gekrönt.
Hervorragende Akustik
Eine große Besonderheit im Inneren der Kapelle sind die zwei Ringe aus insgesamt 16 Säulen, die die Decke des Raums tragen, der einen Durchmesser von nur elf Metern misst. Der äußere Säulenkranz besteht aus zwölf runden Pfeilern. Auf ihnen und auf schmalen Pilastern ruht ein Kreuzgewölbe. Der innere Kranz besteht aus zwei Säulen und zwei deutlich dickeren, gemauerten Pfeilern.
Zwischen dem ersten und dem zweiten Säulenring ist ein Tonnengewölbe gespannt, in das die Stichkappen des Kreuzgewölbes einschneiden. Die vier Innensäulen tragen ein kleines Kuppelgewölbe. Einziger Schmuck der ansonsten bescheidenen Kapelle sind die reich verzierten Kapitelle, die einfache Köpfe und geometrische Muster aufweisen. Der Außenwand ist eine umlaufende steinerne Sitzbank vorgebaut.
Auch heute noch finden in der Drüggelter Kapelle, die in Sagen und anderen historischen Überlieferungen eigenartigerweise nie eine Rolle gespielt hat, aber durch heimische Schriftsteller der Gegenwart Einzug in die Belletristik gefunden hat, Gottesdienste statt. Aufgrund ihrer fantastischen Akustik ist sie zudem Schauplatz des Drüggelter Kunst-Stückchens. Das kleine aber sehr feine Festival präsentiert alljährlich an Pfingsten etablierte Musiker aus Klassik und Jazz. Nicht nur in der Kapelle selbst, sondern auch in einer angrenzenden Scheune. Hinzu kommen im Sommer und Herbst weitere Kammerkonzerte.
Öffnungszeiten
Die Drüggelter Kapelle ist üblicherweise von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, im Sommer häufig auch länger.
Außenansicht
Chorraum
Portal
Grundriss