Mahnmal
der Möhnekatastrophe

Es war ein bis dahin nicht gekanntes Ausmaß der Vernichtung, Verwüstung und Zerstörung, das die britische Royal Air Force am 17. Mai 1943 im Kampf gegen Nazi-Deutschland anrichtete. Monatelang haben Ingenieure an einer Bombe getüftelt, mit der sich eine Bresche in die Staumauern der sauerländischen Talsperren reißen lies. Und obwohl sich der spektakuläre Tiefflugangriff nur bedingt proben ließ, wurden immerhin zwei von fünf Angriffszielen erfolgreich getroffen. Darunter auch die größte der hiesigen Talsperren.

Durch das 80 Meter breite Loch in der Möhnetalsperre liefen innerhalb kürzester Zeit 90 Millionen Kubikmeter Wasser. Eine gigantische Flutwelle riss selbst im Ruhrgebiet noch alles mit, was ihr im Weg stand. Hunderte Gebäude wurden zerstört, dutzende Eisenbahn- und Straßenbrücken weggespült und mehrere Kraftwerke außer Betrieb gesetzt. Letzteres war das primäre Ziel der Operation „Chastise“ („Züchtigung“). Die Briten wollten auf diese Weise die deutsche Rüstungsindustrie lahmlegeben, was aber nicht gelang.

Viel schlimmer noch als die Sachschäden, war freilich der Tod von geschätzt mehr als 1.500 Mensch, die den überraschenden Fluten nicht entkamen, auch weil der ausgelöste Fliegeralarm sie ausgerechnet in die vermeintlich sichereren Keller trieb. An eben jene tragische Kriegsnacht und seine Opfer erinnert seit dem 17. Mai 2015, also auf den Tag genau 72 Jahre nach dem Rollbombenangriff, ein zentrales Mahnmal direkt an der Sperrmauer.

Initiator für die Stätte der Erinnerung war der Heimatverein Möhnesse, der Spenden sammelte und die ortsansässigen Künstlerbrüder Christof und Michael Winkelmann mit der Ausgestaltung beauftragte. Aus einem drei Tonnen schweren Anröchter Dolomit schuf Christof Winkelmann ein Kunstwerk mit hoher Symbolkraft, indem er an unterschiedlichen Stellen Reliefs mit dem Meisel herausarbeitete. Der behauene Stein zeigt die geborstene Staumauer samt der herausströmenden Flucht, in der die Kreuze für die zahlreichen Menschen stehen, die ihr Leben lassen mussten.

Ein besonderes Anliegen war es dem Künstler an die 600 osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen in Arnsberg-Neheim zu erinnern, die hinter Stacheldraht eingesperrt waren und in den Fluten ertranken. Die drei Meter hohe, naturbelassene Stele zeigt zudem die männlichen Zwangsarbeiter, die beim Wiederaufbau der Mauer helfen mussten und von denen nicht wenige an den Arbeitsbedingungen starben. Rechts oben zeigt das gelungene Mahnmal eine Frau mit Kindern, die sich laut Winkelmann auf der Flucht in eine bessere Zukunft befindet. Über ihnen schwebt als Sinnbild des Friedens und als Symbol des Neuanfangs eine Taube, in dessen Schnabel ein Olivenzweig klemmt.

Der Gedenkstein bildet den Mittelpunkt der kreisrunden Gedenkstätte unweit des Besucherparkplatzes. Ringsum regen Texttafeln zum Nachdenken an und steinerne Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen. Sobald es dämmert, wird das Mahnmal der Möhnekatastrophe beleuchtet. Weitere Denkmäler zu diesem Ereignis gibt es in Niederense in Form der Ruine des Klosters Himmelpforten, auf dem Neheimer Marktplatz vor dem Sauerländer Dom und in Wickede an der Ruhr.

Buchtipp: "Wasserkrieg"

Der Werler Filmemacher und Fotograf Helmuth Euler beschäftigt sich Zeit seines Lebens mit dem folgenschweren Angriff der britischen Luftwaffe auf die deutschen Talsperren. Er hat in unzähligen Archiven alles recherchiert, was über das Ereignis recherchierbar ist und über die Jahre mit zahlreichen Zeitzeugen gesprochen. Sein lesenswertes Buch „Wasserkrieg“ behandelt die Möhnekatastrophe umfassend. Nicht nur mit sehr interessanten Texten, sondern auch mit über 350 äußerst seltenen Dokumenten und Fotografien.